Schulgesundheitsfachkräfte zahlen sich aus

Erste Ergebnisse der Evaluationen in Projektphase IV liegen vor – Gute Aussichten auf Weiterbeschäftigung

Potsdam –  Der Einsatz von Schulgesundheitsfachkräften (SGFK) kann die gesundheitliche Versorgung von Kindern und Jugendlichen in der Schule deutlich verbessern. Außerdem steigt durch die direkte Betreuung der Schüler*innen die Gesundheitskompetenz messbar. Das geht aus den bisher vorliegenden Ergebnissen der umfassenden wissenschaftlichen Begleitung des Modellprojektes „Schulgesundheitsfachkräfte an öffentlichen Schulen im Land Brandenburg“ hervor, die Anfang September 2020 auch im Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Brandenburger Landtages vorgestellt wurden. Auf der Sitzung informierte Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne), dass 400.000 Euro in den Haushaltsentwurf für 2021 eingestellt wurden, um eine Verlängerung des Modellprojektes um ein Jahr zu ermöglichen. Die endgültige Entscheidung trifft der Landtag mit dem Haushaltsbeschluss voraussichtlich im November/Dezember 2020. Ziel der Verlängerung ist es, eine Verstetigung ab 2022 vorzubereiten.


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Die Abschlussberichte der Evaluatoren-Teams werden bis Jahresende vorliegen. In Projektphase IV vom 1. Januar 2019 bis 31. Dezember 2020 wurden insgesamt sechs Evaluationen und Gutachten in Auftrag gegeben.

Die wichtigsten Ergebnisse der Evaluationen:

  •           Die SGFK werden von den Schüler*innen stark nachgefragt
  •           Dreiviertel aller Schüler*innen besuchten die SGFK und Dreiviertel fühlten sich danach besser.
  •           In Grundschulen sind größere Anstrengungen in der Unfall- und Gewaltprävention erforderlich
  •           Über 60 Prozent der Schüler*innen gaben an, sich mehr zu bewegen, seit die SGFK an der Schule ist.
  •           Die Schüler*innen haben Vertrauen und fühlen sich besser informiert.
  •           30 Prozent der Schüler*innen achten mehr auf die Ernährung.
  •           Die Gesundheitskompetenz stieg in der Projektlaufzeit stetig an.
  •           Rund zweidrittel der Schüler*innen gaben an, sich häufiger/gründlicher die Zähne zu putzen.
  •           Mehr als die Hälfte der Schüler*innen gab an, häufiger über Gesundheit nachzudenken.
  •           Die SGFK steigert direkt die Gesundheit der Schüler*innen und des Schulpersonals und fördert damit die Teilhabe am Unterricht.
  •           Die SGFK reduziert nachweislich die Zahl der Notfallbehandlungen an den Schulen.
  •           Die SGFK vermittelt in das medizinische Versorgungssystem und ist bei Notfällen präsent.
  •           Die SGFK schont durch ihre qualifizierte Intervention bei Verletzungen medizinische und pflegerische Ressourcen.
  •           Die große Anzahl außerschulischer Kontakte beschreibt ein breites, differenziertes und wachsendes Netzwerk von Kooperationspartnern.

Die Evaluationen und Gutachten

Das Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft der Charité – Universitätsmedizin Berlin führt wie schon in der Projektphase III eine Erhebung an den Modellschulen durch. Ziel ist es, mögliche Effekte des Einsatzes von Schulgesundheitsfachkräften (SGFK) auf die Gesundheit über den gesamten Zeitraum von Anfang 2017 an abzubilden und zu messen.

Außerdem evaluiert die Leuphana-Universität die Auswirkungen auf die Bildungschancen der Kinder und Jugendlichen. Das Delmenhorster Institut für Gesundheitsförderung (DIG) entwickelt zudem ein neues Dokumentationssystem für Schulgesundheitsfachkräfte. Evaluiert wird auch die Wirkung der regionalen Netzwerke in den neun Modellregionen Prignitz, Ostprignitz-Ruppin, Barnim, Frankfurt (Oder), Cottbus, Elbe-Elster, Brandenburg an der Havel, Teltow-Fläming und Potsdam-Mittelmark.

Schließlich haben die Projektpartner mehrere Gutachten in Auftrag gegeben. So beschäftigt sich Frau Prof. Dr. Catharina Maulbecker-Armstrong von der TH Mittelhessen in Gießen unter anderem mit der Frage, ob mit dem Festhalten am Betreuungsschlüssel von 1 SGFK zu 700 Schüler*innen der richtige Weg gewählt wurde und welchen ökonomischen Nutzen der Einsatz von Schulgesundheitsfachkräften hat. Letzteres ist besonders interessant, da beispielsweise der Einsatz von Rettungswagen an den Modellschulen deutlich gesunken ist.

Die Hamburger Kanzlei Hohage, May und Partner begutachtete die Abgrenzung der Tätigkeiten der Schulgesundheitsfachkräfte zu Tätigkeiten der vertragsärztlichen Versorgung und zu weiteren Leistungen der Regelversorgungen. Schließlich überprüfte die Potsdamer Anwaltskanzlei Dombert die rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen für eine regelhafte Einführung von Schulgesundheitsfachkräften. Das Gutachten liegt bereits vor.

Wissenswertes zum Modellprojekt

Schulgesundheitsfachkräfte sind vor allem bei Verletzungen oder Erkrankungen der Kinder und Jugendlichen in der Schule schnell zur Stelle. Sie beraten in Gesundheitsfragen von der richtigen Ernährung bis zu ausreichender Bewegung, unterstützen die Kinder- und Jugendgesundheitsdienste (KJGD) der Kommunen und betreuen chronisch kranke Kinder in den Schulen. Sie sind Ansprechpartner und Vertrauensperson und haben ein inner- und außerschulisches Netzwerk zu Kooperationspartnern im Gesundheits- und Bildungsbereich aufgebaut. Besondere Beachtung finden bei der Arbeit der Schulgesundheitsfachkräfte Kinder aus Familien, die auf Grund ihrer finanziellen Lage Schwierigkeiten haben. Aktuell sind 18 Schulgesundheitsfachkräfte an 27 Modellschulen in neun Regionen im Land Brandenburg im Einsatz.

Der AWO Bezirksverband Potsdam e.V. fordert bereits seit 2009 den Einsatz von Schulgesundheitsfachkräften an allen Schulen. 2015 wurde dazu eine Machbarkeitsstudie erstellt (Projektphase I) und 2015/2016 ein Curriculum zur Weiterbildung von Gesundheits- und Kinder-/Krankenpflegekräften zu Schulgesundheitsfachkräften (Projektphase II) entwickelt. Das Curriculum wurde evaluiert und 2018 überarbeitet. Seit Februar 2017 wird der Einsatz von Schulgesundheitsfachkräften an Schulen im Land Brandenburg erprobt (Projektphase III und IV).

Das Land Brandenburg hat im Bereich der Schulgesundheit mit dem durch den AWO Bezirksverband Potsdam initiierten und maßgeblich durch die Projektpartner, das MSGIV, das MBJS, die AOK Nordost und die Unfallkasse Brandenburg unterstützten und mitfinanzierten Modellprojekt eine Vorreiterrolle eingenommen. Viele andere Bundesländer wie das Partnerland Hessen, aber auch Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen oder Berlin haben sich in den vergangenen drei Jahren ebenfalls auf den Weg gemacht und eigene Projekte gestartet oder bereiten diese vor. Sie orientieren sich an den Erfahrungen im Land Brandenburg.

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