Die puren Fakten sind beeindruckend: Rund 140 Schulgesundheitsfachkräfte kümmern sich mittlerweile in vier Bundesländern oder 10 größeren Städten um Kinder und Jugendliche. Sie sind da bei Verletzungen und Erkrankungen, führen Präventionsprojekte durch, verbessern die Früherkennung von Krankheiten, unterstützen behinderte Kinder und haben ein enges Netzwerk zu lokalen Akteuren im Bildungs- und Gesundheitsbereich aufgebaut. Die Weiterbildung und Konzeption, die Dokumentation der Arbeit der „Schulkrankenschwestern“ wurde gemeinsam mit dem Partnerland Hessen im Rahmen eines langjährigen Modellprojektes des AWO Bezirksverbandes Potsdam e.V. erarbeitet. Am vergangenen Freitag fand in Potsdam eine europaweite Konferenz „Schulgesundheitspflege und Vernetzung“ im Rahmen des dreitägigen Kongresses der European Union für School and University Health and Medicine (EUSUHM) in der Oberlinschule statt. Referent*innen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz sowie aus Belgien, den Niederlanden und Finnland berichteten vor rund 70 Teilnehmer*innen über die Bedarfe und Lösungsansätze in ihren Ländern.
Interessant waren dabei die unterschiedlichen Ansätze in den einzelnen europäischen Ländern. In Ostbelgien beispielsweise ist das sehr klein aufgestellte das Zentrum für die gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen (Kaleido) unterwegs: von der Schwangerschaft bis zum 20. Lebensjahr findet hier eine ganz nahe und ganzheitliche Betreuung statt. So wird bereits im Kindergarten-Alter bei Karies nicht nur „geh mal zum Zahnarzt“ gesagt, sondern die Familien werden hier durchgehend begleitet und die Wahrnehmung von Terminen und die Wirkung geprüft. In Finnland widmen sich die „School nurses“ den nach der Corona-Pandemie verstärkten psychischen Problemen von Kindern/ Jugendliche. Die Schulgesundheitsfachkräfte können unter Einsatz von zwei Hilfstools die Probleme besser einschätzen/ einordnen. Es wird nicht nur gefragt „Wie geht es dir?“, sondern mehr abgeklopft. In den Niederlanden gibt es seit mehr als 100 Jahren „Schulkrankenschwestern“. Dort ist ebenfalls von der Schwangerschaft bis zum 18. Lebensjahr eine enge gesundheitliche Versorgung geregelt. Der Einsatz der Schulpflegekräfte in den Kommunen ist gesetzlich vorgeschrieben. In der Schweiz ist es in jedem Kanton anders. Es wirkte alles sehr zersplittert und unterschiedlich. Grundsätzlich ist die Refinanzierung in vielen Regionen schwierig, insbesondere wenn Regelungen, Entscheidungen und die nötigen Landesmittel fehlen. Eine Situation, die auch im Land Brandenburg bekannt ist.
Auf großes Interesse stieß der Vortrag von Anka Ratzmann, Leiterin Schulgesundheitsfachkräfte bei AWO Bezirksverband Potsdam, zur Situation in Brandenburg. Die Ausgestaltung und die erarbeiteten Standards als Ergebnis des Modellprojektes im Land Brandenburg über die AWO haben im Vergleich zu anderen Regionen ein sehr hohes Level: Standard-Weiterbildung für alle SGFK, Standard-Ausstattung Krankenzimmer, regelmäßige Supervisionen, auswertbare Dokumentationen, sehr dynamischer Gestaltungsprozess über die Bedarfe. Hier entstanden wertvolle Kontakte in andere EU-Länder, um voneinander zu lernen.