Modellprojekt besiegelt

Märksiche Allgemeine, 09. Dezember 2016

Brandenburg erhält Krankenschwestern an Schulen
Schürfwunden, Sportverletzungen, Übelkeit und Bauchschmerzen: Für solche alltäglichen Fälle sind Brandenburger Schulen oft unzureichend ausgestattet.

Brandenburg erhält Krankenschwestern an Schulen

Schürfwunden, Sportverletzungen, Übelkeit und Bauchschmerzen: Für solche alltäglichen Fälle sind Brandenburger Schulen oft unzureichend ausgestattet. Das soll sich jetzt ändern. In einem Modellprojekt werden zunächst an 20 Schulen Krankenschwestern eingesetzt.

Schürfwunden, Sportverletzungen, Übelkeit und Bauchschmerzen: Für solche alltäglichen Fälle sind Schulen oft unzureichend ausgestattet. Es gibt zwar Krankenzimmer, aber kein medizinisch geschultes Personal. An zunächst 20 Brandenburger Schulen wird sich dies ab kommendem Februar ändern. Sie erhalten in einem Modellprojekt sogenannte Schulgesundheitsfachkräfte – Krankenschwestern oder -pfleger, die Schüler in akuten Fällen versorgen und chronisch kranke Kinder unterstützen sollen. Eine entsprechende Vereinbarung wurde nun unterzeichnet, wie Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) am Freitag mitteilte. Die Fachkräfte arbeiten zunächst bis Oktober 2018.
Bei dem Projekt machen unter anderen Schulen in Beelitz, Trebbin, Brandenburg/Havel und Neuruppin mit. Getragen wird das Projekt von der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Potsdam, der AOK Nordost sowie von der Unfallkasse Brandenburg. Jeweils zwei Schulen in einem Ort werden sich eine Gesundheitsfachkraft teilen. „Gesundes Aufwachsen und Bildungserfolg stehen in engem Zusammenhang“, erklärt Gesundheitsministerin Golze.
„Ich bin richtig happy, dass wir dabei sind“, sagt Birgit Schiller, Leiterin der Gebrüder-Grimm-Grundschule in Brandenburg/Havel. „Ich denke, dass eine Schulkrankenschwester auch präventiv arbeitet, dass sie mit den Schülern über eine gesunde Ernährung spricht, schaut, dass sie gut versorgt sind oder auch mal prüft, ob der Impfstatus stimmt“, sagt sie. Die Schule hatte sich für das Modellprojekt beworben, auch, weil Birgit Schiller die Institution Schulkrankenschwester gut kennt: Sie arbeitete mehrere Jahre an einer internationalen Schule in den Niederlanden. „Dort gab es sogar drei Schulkrankenschwestern“, erklärt sie. Auch in skandinavischen oder angelsächsischen Ländern gehören medizinische Fachkräfte zum schulischen Standardpersonal. „An einer Schule gibt es eben auch mal Verletzungen, eine Beule hier, eine Schürfwunde da“, sagt Schulleiterin Schiller. „Das ist manchmal eine schwierige Situation für uns.“
Das bestätigt auch Corina Rodemann, Konrektorin der Friedrich-Gedike-Oberschule in Perleberg (Prignitz). Die Schule hat ein Krankenzimmer mit Liege, aber die Sekretärinnen, an die sich kränkelnde Schüler meist wenden, dürfen eigentlich nicht viel mehr, als die Eltern zu verständigen und die Kinder im Auge zu behalten. An manchen Tagen, wenn etwa ein Virus herumgehe, hätten die Mitarbeiter alle Hände voll zu tun, erklärt Rodemann. Allerdings sind auch den neuen Fachkräften Grenzen gesetzt: Die Eltern müssen zuvor einwilligen, dass sich die Pfleger oder Schwestern um die Kinder kümmern dürfen.
Vor allem die Awo hatte sich für das Projekt, das nun zeitgleich auch in Hessen stattfindet, stark gemacht. Schulkrankenschwestern können laut einer Machbarkeitsstudie der Awo zur Chancengleichheit beitragen. Forschungen zufolge stehen Gesundheit und Bildungserfolg in einem engem Zusammenhang. Die Studie empfiehlt, dass eine Krankenschwester für rund 700 Schüler zuständig ist.
Rund 7320 Schüler in Brandenburg sollen über das Modellvorhaben erreicht werden. Die zehn Fachkräfte sind examinierte Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen, die von der Awo Potsdam neu eingestellt und derzeit in einer Weiterbildungsmaßnahme für ihre neue Aufgabe an den Schulen qualifiziert werden. Laut Awo-Chefin Angela Basekow entsteht dabei ein ganz neues „Berufsbild, das außerordentlich familienfreundlich ist“.
Bis Ende 2018 soll das Modellprojekt ausgewertet sein. Sollte es erfolgreich sein und landesweit umgesetzt werden, müssten dafür etwa 300 Voll- und Teilzeitstellen eingerichtet werden. Die geschätzten Personalkosten beliefen sich dann auf etwa zehn Millionen Euro im Jahr.
Von Torsten Gellner

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